Donnerstag, 11. September 2014

03 - Ben und Ben



Es ist wirklich Klasse, wenn man sowohl was im Köpfchen hat, aber auch im Sport nicht hinten nachzieht. Es gibt nur wenige die das schaffen. Gerade letztens habe ich gleich nach der Englisch-Klausur, in der ich übrigens die volle Punktzahl erreicht habe, noch einen 10 Kilometer-Lauf hinten dran gehängt. Ohne in Schweiß auszubrechen, sollte ich vielleicht dazusagen. An einem Viertelmarathon versucht sich heutzutage auch schon jeder Hobby-Läufer.
Ich könnte behaupten, dass alles wirklich gut läuft, würde da nicht immer diese peinliche… wie sag ich’s am besten, ja genau, Nebenerscheinung auftauchen.






Lass uns was essen, ich hab‘ Mordskohldampf!



Nicht schon wieder... Sei still, ich unterhalte mich gerade.



Mit wem? Über was?



Über dich…



Bin ich im Fernsehen?



Zum Glück nicht… Und jetzt Mund zu, sonst fliegt ein Vogel rein. Zum Glück glaubt er solchen Schwachsinn. Also, wie ich bereits sagte, gibt es diese Nebenerscheinung. Ich hab meine Eltern schon oft davon reden gehört, dass ich schizophren sei. Sie würden es mir aber nie sagen, und natürlich wissen sie auch nicht, dass ich mit diesem Verrückten so eng zusammen arbeite.



Wer ist verrückt?



Seht ihr was ich meine? Nicht einmal wirklich ausreden lässt er mich. Jedenfalls ist er für die grobe Motorik zuständig. Ich habe meinen Körper zwar im Griff, aber es kam schon mal vor, dass ich das Tor beim Fußball, naja eben knapp verfehlte. Sie haben auch nicht gesagt in welche Richtung ich schießen sollte.



Hehe.



Seufz. Das findet er wieder witzig… Egal, ich fahre fort. Schön langsam kriege ich ihn nämlich in den Griff. Ich meine damit nicht, dass ich ihn kontrollieren könnte, aber ich kann ihn übernehmen lassen wann auch immer ich will. Das Problem dabei… manchmal will er dann nicht mehr wechseln. Und dann wird’s hässlich. Bevor meine Eltern von der Schizophrenie wussten, wunderten sie sich immer warum ich an einem Tag Einsen und am nächsten Tag nur Fünfen schrieb. Die Lehrer dachten ich würde sie verarschen, weil der andere nicht einmal wirklich schreiben kann. Es sieht aus wie die Schrift eines Zweitklässlers. Alles in Blockbuchstaben und groß, als hätte man die Caps auf der Tastatur angelassen.



Wer zuerst in der Küche ist!



Wir wären sowieso beide gleichzeitig dort, schon vergessen?






Was frage ich ihn eigentlich… Ihr könnt euch nicht vorstellen wie viele Chancen mir dieser Sturkopf schon bei den Mädchen versaut hat. Sich zuerst in die Hand zu niesen und dann die Hübscheste der Klasse zu begrüßen ist eine Sache, sie dann aber auch noch nach einem Date zu fragen, obwohl sie schon völlig von uns angeekelt ist, eine andere…



Sie hat doch nicht nein gesagt!



Stimmt, sie hat sich geschüttelt und ist mit ihrer Gefolgschaft kreischend aus der Klasse gelaufen. Du hättest ihr einen der köstlichen Kaugummis anbieten sollen, die unter den Tischen kleben.



Gute Idee, nächstes Mal dann.



Oh Gott, was hab ich getan… Okay, wisst ihr was? Ich habe wirklich gute Laune, und um euch die ganze Situation noch etwas klarer zu machen lasse ich die Bestie einfach mal raus. Zum Glück sind wir allein zu Hause.



Zeit für Liegestütze!



Jop, hätte ich wohl nicht gemacht. Und jetzt klettert er aus dem Fenster… Den Ast erwischt du nicht, der ist viel zu weit weg! Ach du Scheiße! NICHT! … Natürlich erwischt er ihn… Gerade nochmal gut gegangen. Nein warte… wir sind draußen. Nicht…gut… Okay, okay, okay, lass uns was essen gehen, ja?



Ich will aber lieber ins Kino.



Es ist viel zu früh, sie spielen noch gar keine Filme. Komm lass uns zurück ins Haus und ich koche uns etwas. Klingt das nicht gut? Möchtest du was bestimmtes?



Chinesisch… Lecker Hühnchen.



Okay, wie du möchtest, dann lass uns jetzt aber umdrehen! Hey, du läufst noch immer in die falsche Richtung… Bitte tu mir das nicht an.



Schau mal da drüben! Die Mädchen aus der Klasse! HAAAALLOOOOOO!



Mein Gott brüll sie doch nicht so an. Tu das nicht… ich bitte dich. Okay, der Rückwärtssalto war jetzt nicht schlecht, du hast sie beeindruckt, aber jetzt nichts wie weg! Ich gebe dir noch 10 Sekunden. Ich warne dich! Kein Essen und kein Sport, eine ganze Woche lang.



Das hältst du doch selbst nicht aus.


Ach so plötzlich, Herr Neunmalklug?


Neunmalwas?



Vergiss es, dreh um. Dann lass ich dich auch heute Abend das neue Videospiel zuerst spielen! Na endlich, so ist’s gut Junge. Darf ich jetzt wieder? 


Meinetwegen…



Gefahr überwunden. Gerade noch rechtzeitig. Die Mädels scheinen abgelenkt zu sein, also dreh ich einfach um. So weit, so gut.



Wolltest du Lisa nicht endlich deine Liebe gestehen? Komm ich helfe dir.



Sei doch bitte einfach still, ich flehe dich an… 


Hey Lisa! Weißt du wer auf dich steht? Ben!


Das hast du jetzt aber nicht laut gesagt oder? In der dritten Person von uns selbst zu sprechen ist nicht attraktiv, weißt du? Und jetzt sei still, du wirst für lange Zeit kein Tageslicht zu Gesicht bekommen. Warte... Hat sie uns gerade zugezwinkert? Vielleicht bist du ja doch für was zu gebrauchen. Schlag ein!


Wie denn?

Ach...ja...

3 Kommentare:

  1. Ich werd mir deinen Namen merken, Toki Jisaku. Du hast einen neuen Fan gewonnen. Wie du mit dem Thema spielst, mag ich sehr.

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  2. Ich bin "nur" eine Leserin, von der Kurzgeschichte jedoch total begeistert. Auch ich werde mir den Namen Toki Jisaku merken.

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  3. Hy, ich hab mir deinen Text schon vor ein paar Tagen durchgelesen und finde ihn gut, gerade dieses schizophrene Hin und her ist dir gut gelungen, man denkt zwischendurch nicht daran, dass es ja eigentlich nur eine Person ist.
    Lieben Gruß, Petra

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